Winterarbeit:

Baum fällen

Alle Jahre wieder machen wir im Jänner unser Brennholz für die kommenden Winter. Heute war eine Robinie dazu bestimmt, von uns gefällt zu werden. Sie wurde über die Jahre so groß, dass sie das Dach unseres Schuppens schon mehrfach beschädigt hat und es dadurch immer wieder reingeregnet hatte.

Das Wetter war heute Morgen gut dafür geeignet!

Es war fast windstill, hatte nur kurz geregnet und die Temperatur war über Null Grad. Unsere Familie hat schon sehr viel Übung darin, wir haben unser Brennholz seit vielen Jahren selber gemacht. Wir überlegen uns gemeinsam, in welche Richtung der Baum fallen soll, dann wird er gekerbt, um anschließend final an der Rückseite geschnitten zu werden.

Zur Vorsicht haben wir ein Seil an einen Ast gebunden, damit er auch noch in die gewünschte Richtung gezogen werden kann. Für uns ist diese Arbeit immer aufregend, da wir wissen, was alles passieren kann. Ich habe den Augenblick wahrgenommen, als sich mein entspanntes Gefühl bei den Geräuschen der Motorsäge plötzlich verändert hat. Jedes Jahr bin ich gefordert, ruhig und entspannt zu bleiben und mir keine negativen Gedanken zu machen.

So habe ich ganz bewusst zu mir gesagt: „Was spürst du jetzt“ und mich darauf konzentriert, „was hörst du jetzt, eine Motorsäge – das ist ein neutrales Geräusch. Stoppe deine ängstlichen Gedanken.“

Obwohl es ein wolkiger Tag war, habe ich plötzlich die Sonnenstrahlen in meinem Gesicht gespürt. Dadurch konnte ich mich wieder mit den Elementen um mich herum verbinden und mich sicher fühlen. In diesem Moment wurde mir klar, wie sehr ich auch meinem Mann vertraue.

Dann habe ich die Stimme von meinem Mann gehört: „Baum fällt“. Wir haben alle den Baum beobachtet, wie er sich erst bewegt hat und dann langsam mit Hilfe des Zuges am Seils in die vorgegeben Richtung gefallen ist.

Wir fühlten uns danach wie Gewinner und freuten uns und lachten. Wir haben diesen Baum „erlegt“.

Gleich beginnen wir damit, die dünnen Äste von den dicken zu schneiden und diese auf einen Haufen, neben dem Schuppen, zu schlichten. Wir bringen sie in den nächsten Tagen zum Abfallverband, da wir sie nicht verwerten können. Die Motorsägen machen jetzt ein weniger durchdringendes Geräusch für mich. Zügig schneiden die Männer Meterstücke vom Stamm und den dicken Ästen, sie werden gestapelt, bis sie gespalten werden. Unsere Zusammenarbeit funktioniert ganz natürlich und effizient, jeder zieht die dünnen Äste nach hinten weg um dem, der mit der Motorsäge arbeitet, den Weg frei zu machen. Nach drei Stunden liegt der Baum ordentlich gestapelt und die Blätter, Samen und Ästchen werden noch von der Straße gekehrt, so dass man nur ahnen kann, was für Arbeit dahintergesteckt hat.

Gemeinsame Arbeit ermöglicht, was ein Einzelner nicht schaffen kann.

 

Was schaffst du in einer Gemeinschaft?

Wie gehst du mit ängstlichen Gedanken um?

Deine Dienstagskerstin